Diagnostik solider Tumoren: „Liquid profiling“ aus peripherem Blut

Wien (pts006/04.04.2017/08:00) – Die Tumordiagnostik basierte bislang auf der Biopsie sowie dem Nachweis klassischer Tumormarker im peripheren Blut. Nun sorgt eine weitere Entwicklung – das sogenannte „Liquid profiling“ oder „Liquid biotracing“ – für lebhaftes Interesse. Diese Methodik beruht auf dem Nachweis von im Blut zirkulierenden Zellen oder DNA solider Tumoren.

Genetische Nachweise aus zirkulierendem Blut werden bereits in der Pränataldiagnostik und bei hämatoonkologischen Erkrankungen, wie z.B. Leukämien, routinemäßig durchgeführt. Relativ neu ist nun das Forschungsgebiet „Liquid profiling“ oder auch „Liquid biotracing“ – fälschlich auch „Liquid biopsy“ genannt – in der Diagnostik solider Tumoren. „Dazu existiert bereits vielversprechende Daten, in naher Zukunft dürfte das Verfahren daher in das Stadium der breiten klinischen Anwendung fortschreiten“, meint Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Gregor Hörmann, PhD, Genetisches Labor, Klinische Abteilung für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, Klinisches Institut für Labormedizin, AKH Wien/MedUni Wien.

Gezielte Suche oder Gesamtüberblick

Grundsätzlich kann „Liquid profiling“ in zwei Fragestellungen Antworten liefern:

* Es wird gezielt nach einer bestimmten Mutation gesucht, die in dem Tumor vorhanden sein könnte, beispielsweise eine EGFR-TKI-Mutation T790 bei nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC). Das Ergebnis kann z.B. für die Wahl einer zielgerichteten, personalisierten Therapie entscheidungsrelevant sein. „Diese Anwendung ist bereits so weit fortgeschritten, dass sie in der klinischen Routine angekommen ist“, so Prof. Hörmann.

* Es ist ein Gesamtüberblick über die genetischen Veränderungen gewünscht. In diesem Falle wird ein Screeningprogramm durchgeführt, um große Teile des Tumorgenoms zu sequenzieren. Diese Methode ist bereits technisch machbar, aber noch weit entfernt von einer Standardisierung, die echte klinische Diagnostik ermöglicht. Ein Hauptgrund dafür: Die zunehmend eingesetzten Next Generation Sequencing (NGS)-Tests erfordern eine spezifische Validierung.

Viele potenzielle Vorteile

Die neue Diagnostik könnte die klassische Gewebebiopsie ergänzen oder teilweise sogar ersetzen. Für Patienten steht im Vordergrund, dass Blutentnahmen deutlich weniger belastend sind als Gewebeproben. Dies ist generell in der Verlaufskontrolle vorteilhaft, aber auch für schwer kranke Patienten, denen eine invasive Diagnostik nicht oder nur schwer zumutbar ist. „Durch ‚Liquid profiling‘ bekommen wir genauere Diagnosen und können die Therapie besser personalisieren“, resümiert Prof. Hörmann.

Viele Labormediziner warnen allerdings vor überhöhten Erwartungen und unzureichend qualifizierter Anwendung. Univ.-Doz. Dr. med. Günter Weigel, Zentralinstitut für medizinische und chemische Labordiagnostik (ZIMCL) mit interdisziplinärem hämatologischen Kompetenzzentrum (IHK) Innsbruck, fordert eine exakte Validierung durch Fachärzte für Medizinisch-Chemische Labordiagnostik, bevor die Tests im Klinikalltag eingesetzt werden. „Darüber hinaus sollte die Durchführung von ‚Liquid profiling‘ bei soliden Tumoren an großen universitären Zentren in interdisziplinärer Zusammenarbeit stattfinden“, so Prof. Weigel.

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