Hoher Inflationsdruck: Nationalrat diskutiert über Entlastungsmöglichkeiten

Wien (PK) – Was tun gegen die Preiserhöhungen und die steigende Inflationsrate? Was tun zur Entlastung der Bevölkerung? Um diese Fragen kreiste heute die Debatte in der Aktuellen Stunde des Nationalrats unter dem Titel „Wohnen, Heizen, Tanken und Essen werden immer teurer – Teuerungsbremse jetzt, Herr Bundeskanzler!“ auf Verlangen der SPÖ. Während die Regierungsparteien ÖVP und Grüne auf die beiden Antiteuerungspakete im Ausmaß von 3,7 Mrd. € und die ökosoziale Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von 18 Mrd. € hinwiesen, sprach die SPÖ von „Almosen“ angesichts einer Gesamtbelastung für eine Durchschnittsfamilie von rund 2.000 € im Jahr. Sie forderte eine rasche Entlastung der BürgerInnen, unter anderem durch eine Deckelung der Benzin- und Dieselpreise und ein Aussetzen der Mieterhöhungen. Sowohl die SozialdemokratInnen als auch die Freiheitlichen halten die Maßnahmen der Regierung für verfehlt und zu wenig treffsicher, diese kämen auch viel zu spät. Von einem „Autofahrerpaket“ sprachen die NEOS und forderten die Abschaffung der kalten Progression. Nehammer: Regierung steht für präzises, verantwortungsvolles Vorgehen und konkrete Maßnahmen zur Entlastung Bundeskanzler Karl Nehammer unterstrich in seiner Stellungnahme die Notwendigkeit, in dieser herausfordernden Zeit präzise und sorgsam vorzugehen und die BürgerInnen mit konkreten Maßnahmen zu entlasten. In diesem Zusammenhang und auch mit Blick auf oppositionelle Forderungen mahnte er ein verantwortungsvolles Vorgehen hinsichtlich eines Eingriffs in den Energiemarkt ein, da dieser sehr rasch mit Preissteigerungen reagiere und man auch durch unvorsichtiges Handeln den Spekulationen Tür und Tor öffne. Die hohen Energiepreise seien schon zu Jahresbeginn ein Problem gewesen, sagte Nehammer. Dazu käme nun der Krieg in der Ukraine, der eine umfassende Herausforderung für die europäische und für die Weltwirtschaft darstelle. Die Folgen seien weiter steigende Energiepreise, Zuliefererausfälle vor allem in der Autoindustrie, die Kurzarbeit in österreichischen Zulieferbetrieben erforderlich machen, sowie der Ausfall von Weizenlieferungen und großer Düngemittelproduzenten. Die Bundesregierung habe daher bereits im Vorjahr ein erstes Antiteuerungspaket mit 1,7 Mrd. € auf den Weg gebracht, was eine jährliche Entlastung von rund 800 € für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen bedeute. Weitere 2 Mrd. € kämen nun hinzu, mit dem Ziel, ArbeitnehmerInnen, UnternehmerInnen und die Landwirtschaft zu entlasten – etwa durch die deutliche Erhöhung des Pendlerpauschales, durch die Treibstoffrückvergütung und Senkung der Abgabe für Erdgas und Elektrizität sowie die Reduzierung beim Agrardiesel. SPÖ: Entlastungspakete der Regierung sind zu spät, unzureichend und nicht treffsicher Für die SPÖ kommen die Maßnahmen jedoch viel zu spät. Sie sind in den Augen der SozialdemokratInnen unzureichend, nicht treffsicher und auch nicht sozial. Laut Pamela Rendi-Wagner agiert die Bundesregierung hilflos und planlos. Es gebe viel Propaganda, lediglich Scheindiskussionen und wenig Entlastung, so die Klubvorsitzende. Wie ihre Klubkollegen Rainer Wimmer und Alois Schroll forderte sie rasches Handeln gegen die Teuerungen an den Tanksäulen, bei den Mieten und bei den Lebensmitteln. Sie wies darauf hin, dass in sieben EU-Ländern die Preise für Benzin und Diesel gedeckelt würden und in elf EU-Ländern die Steuern auf Sprit, Gas und Strom gesenkt worden seien. Auch die ab April anstehende Anpassung der Mieten sollte nach Meinung der SPÖ ausgesetzt werden. Rendi-Wagner hält auch eine vorgezogene Pensionsanpassung für ein Gebot der Stunde. Auf mehr als zwei Millionen PensionistInnen sei vergessen worden, erklärten dazu Alois Schroll und Rainer Wimmer. Die Pensionserhöhung habe 1,8% ausgemacht, die Inflationsrate liege derzeit aber bei knapp 6%. Beide kritisierten auch scharf die Art der Erhöhung des Pendlerpauschales. Es sei wieder einmal das Gießkannenprinzip angewendet worden und damit würden die Falschen getroffen. Die beiden SPÖ-Mandatare traten für die Senkung der Mineralölsteuer ein und kritisierten OMV und Verbund als Profiteure der Krise. Auch die nun angekündigte Prüfung der Spritpreise durch die Bundeswettbewerbsbehörde kommt für die SozialdemokratInnen zu spät, weil niemand die bisher zu hohen Kosten zurückzahle. FPÖ: Preiserhöhungen haben Ursache in falscher Corona-Politik, Ukraine-Krieg ist Brandbeschleuniger Harsche Kritik an den Maßnahmen der Regierung hagelte es ebenso seitens der Freiheitlichen. Die Erhöhung der Pensionen habe mit der Inflation nicht Schritt gehalten, so Dagmar Belakowitsch. Es gebe auch keinen Ansatz, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu senken und die Mietanpassungen auszusetzen. In diesem Zusammenhang kritisierte sie die SPÖ, die zwar das Gleiche fordere, aber in Wien die Mieten und Gebühren stark erhöhe. Die FPÖ sieht die Ursache für die hohen Sprit- und Energiepreise nicht allein im Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine, sondern grundsätzlich in einer verfehlten Politik der letzten zwei Jahre. Dazu hätten die Corona-Maßnahmen wie Lockdowns und Kurzarbeit beigetragen, stellte Christian Hafenecker fest, aber auch die „ökomarxistische Steuerreform“, wie er es ausdrückte, die Erhöhung der NoVA und die CO2-Steuer. OMV und andere Energieunternehmen, aber vor allem auch der Finanzminister seien durch die höheren Steuereinnahmen Krisengewinner. Die BürgerInnen würden sich den Teuerungsausgleich selber zahlen, bekräftigte Belakowitsch die Argumentation Hafeneckers. Die Forderungen der Freiheitliche zielen daher auf eine Senkung der Mineralölsteuer und der Mehrwertsteuer, auf eine Soforthilfe in der Höhe von 300 € im Monat, auf eine Erhöhung des Pendlerpauschales und des Kilometergelds und schließlich auf eine Deckelung der Energiepreise und Streichung der CO2-Bepreisung ab. NEOS für Abschaffung der kalten Progression Auch die NEOS ließen kein gutes Haar an der Regierungspolitik, jedoch mit anderen Akzenten. Als ein „Autofahrerpaket“ kritisierte Gerald Loacker die Erhöhung des Pendlerpauschales und richtete sich damit vor allem an die Grünen. Er sehe keinen Zusammenhang zwischen Energiewende und Erhöhung des Pauschales. Dieses würde zudem von rund 1,3 Millionen Personen bezogen, die anderen gingen leer aus. Die „Geschenke“ der Regierung seien zudem bis Juni 2023 befristet, da dann die nächsten Landtagswahlen vorbei seien, sagte er. Loacker und seine Klubkollegin Karin Doppelbauer forderten daher vehement statt einer „gönnerhaften Gutscheinpolitik“ eine Entlastung auf breiter Front, die auch anhalte. Sie sprachen sich eindringlich für die Abschaffung der kalten Progression aus. Es sei falsch zu behaupten, dass die Abschaffung der kalten Progression nur Besserverdienenden nütze, zumal sie bereits ab einem Jahreseinkommen von 11.000 € wirksam sei, rechnete Doppelbauer vor. Ferner trat sie für die Entlastung des Faktors Arbeit ein und sprach sich dafür aus, im Gegenzug die CO2-Bepreisung auch ernst zu nehmen. Man brauche weiters den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, ferner müsse man aus der Abhängigkeit von russischem Gas raus, sagte sie und mahnte eine umsichtige Budget- und Finanzpolitik ein. ÖVP: Entlastungspakete sind sozial und treffsicher Die Kritik der Opposition konnte die ÖVP nicht nachvollziehen. Österreich entlaste seine BürgerInnen um ein Vielfaches im Vergleich zu Deutschland, machten August Wöginger und Tanja Graf geltend. Während die Bundesregierung mit den beiden Antiteuerungspaketen 3,7 Mrd. € für 9 Millionen Menschen in die Hand genommen habe, habe die deutsche Regierung für 83 Millionen Menschen lediglich 4,5 Mrd. € flüssig gemacht. MindestpensionistInnen bekämen durch die Entlastungen eine 15. Pension, betonte Wöginger, und das zweite Antiteuerungspaket sei zielgerichtet auf jene zugeschnitten, die unter hohen Spritpreisen leiden und auf ein Auto angewiesen sind. Die Opposition blende in ihrer Argumentation bewusst die Entlastungspakete aus, sagte Tanja Graf und erinnerte unter anderem auch an die 300 € Teuerungsausgleich für NiedrigverdienerInnen, an den Energiekostenscheck in der Höhe von 150 € und an das Pilotprojekt, um einkommensschwachen Haushalten den Umstieg auf energieeffiziente Haushaltsgeräte zu erleichtern. Laut Wöginger und Graf sind die Entlastungsmaßnahmen sozial, denn es sei sozial, PendlerInnen sowie energieintensive KMUs zu entlasten. Es sei auch richtig, den Umstieg auf saubere Energie zu fördern und die Liquidität der Betriebe zu stärken. Von einer Mehrwertsteuersenkung auf Sprit hält Wöginger nichts, da dies nur zu Tanktourismus führe. Er erinnerte zudem an die ökosoziale Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von 18 Mrd. €. Grüne betonen Notwendigkeit, rasch aus fossiler Energie und Abhängigkeit von russischem Gas auszusteigen Die Argumentation der Opposition sei faktenbefreit, widersprachen auch die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer sowie Jakob Schwarz den RednerInnen von SPÖ, FPÖ und NEOS. Sie sehen die Ursache für die Teuerung vor allem im Krieg in der Ukraine, keinesfalls aber in der Corona-Politik, wie von den Freiheitlichen behauptet. Maurer unterstrich daher die Notwendigkeit, aus der fossilen Energie und vor allem aus der Abhängigkeit von russischem Gas rauszukommen. Diese notwendigen Schritte seien in den letzten Jahrzehnten verabsäumt worden, richtete sie ihre Kritik auch an die SPÖ. Unter Hinweis auf die erfolgten und geplanten Schritte sagte Maurer: „Es passiert etwas“ und verteidigte die Maßnahmen der Regierung. Sie hob insbesondere auch die Erhöhung der Budgetmittel für Wind- und Sonnenenergie sowie die Preisreduktion für Öffi-Tickets hervor, was insbesondere Einkommensschwachen zugutekomme. Das Pendlerpauschale und der Pendlereuro seien treffsichere Maßnahmen, sagte Schwarz, der Anreiz, den CO2-Ausstoß zu senken, bleibe aufrecht. Der Reduzierung der Mehrwertsteuer und der Mineralölsteuer konnte er nichts abgewinnen, weil davon vor allem die Mineralölkonzerne etwas hätten und der Tanktourismus angekurbelt würde. Vor dem Start der heutigen Nationalratssitzung wurde in einer kurzen Sitzung des Umweltausschusses die EU-Jahresvorschau des Klimaschutzministeriums zur Fristwahrung in Verhandlung genommen und vertagt. (Fortsetzung Nationalrat) jan HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar. ———————————————————————

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